Der Vogelnarr
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Edition Schrittmacher Band 36
Der Vogelnarr
Biografieroman
412 Seiten, 12,4 x 19,2 cm, Klappen-Broschur
ISBN: 978-3-89801-236-2
Preis: 13,50 EUR
Die Autorin
Gisela Bohnstedt-Hannon wurde 1947 in Königsaue, Sachsen-Anhalt geboren. Nach ihrem Studium in Halle/Saale arbeitete sie bis 1989 als Lehrerin und absolvierte ein Fernstudium in Lyrik/Prosa am Literaturinstitut Leipzig. Nach ihrer Flucht in den Westen arbeitete sie im öffentlichen Dienst in Nürnberg und Koblenz. Seit 2002 wohnt sie mit ihrem Mann in Münstermaifeld.
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Inhalt
»Der Vogelnarr« erzählt die Lebensgeschichte von Joseph Wolf, einem Bauernjungen, der als Mathias Wolf in einem der kleinsten Dörfer des Maifeldes, in Mörz, geboren wurde. Der talentierte Junge sollte als Erstgeborener den Hof übernehmen. Was ihn von klein auf aber wirklich interessierte, waren die wilden Tiere seiner Umgebung. Wann immer er Zeit fand, beobachtete und zeichnete er sie. Oft gab es deshalb Auseinandersetzungen mit dem Vater. Statt die Feldarbeiten zu erledigen, malte er lieber die Raben auf dem Acker, wurde als »Vogelnarr« beschimpft und es setzte Ohrfeigen. Der Vater sah in seinem Sohn einen Taugenichts und verwehrte ihm eine künstlerische Ausbildung. Doch Mathias ließ sich nicht von der Malerei abbringen, er wollte nur eines werden: Tiermaler.
Unbeirrt ging er seinen Weg und traf schließlich auf Wissenschaftler und Künstler, die ihm weiterhalfen. Dass der einfache Bauernjunge schließlich in England zum bedeutendsten Tiermaler seiner Zeit wurde, klingt fast wie im Märchen. Tatsächlich aber war es ein schwerer Weg, bis er sich an die Spitze der naturwissenschaftlichen Malerei hoch gearbeitet hatte.
Leider ist der bedeutende Künstler des 19. Jahrhunderts in Deutschland kaum bekannt und zu Unrecht in Vergessenheit geraten. Gerade heute hat er uns noch viel zu sagen, als Tiermaler, Tierfreund und als Wegbereiter des Tierschutzes.
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Leseprobe
Der kleine Mathias ist inzwischen drei Jahre alt und hat noch zwei Brüder bekommen. Johannes ist zwei Jahre alt und Jakob gerade erst geboren.
Mathias ist ein ruhiges, aufmerksames Kind und hält sich am liebsten an der frischen Luft auf. Da seine Mutter sich mehr um die beiden Kleineren kümmern muss, schickt sie ihn meist in den Garten: »Mathias, spiel doch ein bisschen im Sandberg, den der Vater für dich hingeschüttet hat. Ein Schäufelchen ist auch dort!«
Die Kinder groß zu ziehen, gehört ebenso zu Elisabeths Aufgaben wie Kochen, Waschen, Backen, Saubermachen, oder Tiere füttern. Der Mann ist mit der Feldarbeit beschäftigt. Er verlässt das Haus am frühen Morgen und kommt oft erst am Abend zurück. Meistens schlafen die Kinder dann bereits.
Mathias läuft also zum Spielen in den Garten. Ab und zu blickt seine Mutter aus dem Fenster und beobachtet, was er tut. Der Sandberg interessiert ihn jedenfalls nicht. Er trottet quer durch den Garten und freut sich über alles, was sich dort bewegt. Er läuft den bunten Schmetterlingen hinterher und schaut zu, wie sie durch die Luft gaukeln. Einen zu fangen, glückt ihm allerdings nicht.
»Möchtest du reinkommen, Mathias?«, ruft ihm die Mutter zu, während sie den Jüngsten wickelt und dem Zweijährigen Bausteine auf den Boden zurechtlegt. Aber Mathias hört gar nicht hin.
Eine dicke Hummel ist in eine Blüte gekrochen und er wartet aufgeregt, ob sie wohl wieder daraus hervorkriecht. Schon bald findet er heraus, dass es besser ist, sich still zu verhalten, wenn man ein Tier beobachten will.
Als er in der Hecke einen Vogel zwitschern hört, weckt das seine Neugier. Elstern, Krähen und Spatzen kennt er schon, die machen nur Lärm, der sich anhört, als schimpfen sie die ganze Zeit. Aber der Vogel dort im Gebüsch kann viele unterschiedliche Lieder trällern. Es muss wohl ein ganz bunter, großer Vogel sein, vielleicht so bunt wie ein Schmetterling und so groß wie eine Taube.
Die Mutter beobachtet vom Fenster aus, wie der kleine Mathias vorsichtig in die Hecke krabbelt. Was er dort wohl will?
Sie schmiert ein Butterbrot für ihn und geht mit Johannes an der Hand und Jakob im Wickeltuch in den Garten. Als sie an der Gartentür steht, hat Mathias gerade den Vogel entdeckt, der so schön singen kann. Aber wie enttäuscht ist er! Der Vogel ist ganz klein und so braun wie die Erde. Er ist nicht einmal so schön wie ein Spatz. Als die Mutter näherkommt, reißt sich Johannes von ihr los und läuft freudestrahlend zum Sandhaufen, da fliegt der kleine Vogel erschreckt davon.
»Oh, das war eine Nachtigall«, sagt die Mutter und versteht nicht, weshalb ihr Mathias so enttäuscht aussieht. »Sie kommt schon wieder, Mathias, wenn alles still ist.«
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