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Die Edition Schrittmacher wird herausgegeben von: Michael Dillinger, Sigfrid Gauch, Arne Houben, Gabriele Korn-Steinmetz.


Die Träumer von Struthof
Edition Schrittmacher Band 33
Die Träumer von Struthof
Erzählung und mehr
180 Seiten, 12,4 x 19,2 cm, Broschur
ISBN: 978-3-89801-233-1
Preis: 9,90 EUR



Der Autor
Wolfgang Ohler, 1943 in Zweibrücken geboren, wo er heute lebt, Studium der Rechtswissenschaft in Tübingen und Saarbrücken, Promotion zum Dr. iur., Richter in der Pfalz, zuletzt als Vizepräsident des Pfälzischen Oberlandesgerichts, seit 2008 in Ruhestand, Mitinhaber des Echo Verlags Zweibrücken.

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Inhalt
An seinem hundertsten Geburtstag erinnert sich Siegfried Mangold an den Kriegssommer 1944, als er kurz nach der Invasion der Alliierten in einem Feldlazarett seiner zukünftigen Ehefrau Gerda begegnet: Sie eine junge Sanitätshelferin, er ein verwundeter Wehrmachtssoldat. Die gemeinsame Zeit ist kurz: Seine Verletzungen verhelfen ihm zum Etappendienst in einem kleinen Ort im Elsass. Dort muss er feststellen, dass er in der medizinischen Abteilung des Konzentrationslagers Struthof eingesetzt wird, in der Versuche mit Drogen stattfinden.


Leseprobe

Aber ja, sein Gedächtnis sei ausgezeichnet, da könne er nicht klagen. Er erinnere sich gut an seinen sechsten Geburtstag, im Jahr 1907, seine Einschulung zu Ostern drei Wochen später, an den Ranzen aus hellbraunem Leder mit dem trabenden Zirkuspferd auf dem Rücken, eine zufriedene, glückliche Zeit sei das gewesen, der Kolonialwarenladen der Eltern, sein Spielplatz zwischen Heringsfass und Mehlsack, die Nachbarskinder hätten ihn um die Zuckerstangen und die Tütchen mit dem Brausepulver beneidet, zweimal die Woche vor dem Haus der Pferdewagen mit den beiden dicken Gäulen, der Kutscher habe Hans geheißen oder Heinz und ihn auf dem Kutschbock ein Stück mitgenommen, rechts von ihm habe er sitzen und die Peitsche halten dürfen. Dann jedoch der frühe Tod der Mutter, da habe er die dritte Klasse der Oberrealschule besucht, und die unbeschwerte Kindheit sei jäh zu Ende gewesen, von einem Tag zum anderen. Käthe, eine ältere Kusine, habe jetzt den Haushalt geführt, gemeinsam mit Anna, dem Lehrmädchen, die sei seine erste heimliche Liebe gewesen … »Entschuldigen Sie, Herr Mangold, wenn ich Sie unterbreche. Das ist wirklich erstaunlich, wenn Sie uns von einer Kindheit erzählen, wie sie wohl kaum einer unserer Zuhörer kennt. Eine ferne Welt wie aus einem alten Buch, will ich mal sagen. Interessant wären aber auch die großen Ereignisse, die Sie erlebt haben. Sie öffnen uns die Augen, oder vielmehr die Ohren, für eine Epoche, die die meisten von uns aus der Geschichtsstunde kennen, nicht wahr. Die Kaiserzeit, das Deutsche Reich, der Erste Weltkrieg, den man damals den Großen Krieg genannt hat, weil an den nachfolgenden Zweiten Weltkrieg noch nicht zu denken war, die frühen modernen Zeiten der Industrialisierung, wie Charlie Chaplin sie in seinem unvergessenen Film gezeigt hat. Können Sie auch davon erzählen, lieber Herr Mangold? Für uns diese Kapitel aus dem Geschichtsbuch aufschlagen, will ich mal sagen.«